Interview

 

 

Xavier Naidoo über Eheschwüre, Eifersucht und Seitensprünge. Und natürlich über Gott und die Welt. 

"Ladys first!" Gottes PR-Agent No. 1 weiß, was sich gehört. Im Foyer lässt Xavier Naidoo dem weiblichen Geschlecht freundlich den Vortritt, auch wenn's spätestens beim Aussteigen aus dem Lift zu kleinen Rempeleien führt. Bevor es mit dem Interview zur neuen Single ("Bevor Du gehst") losgehen kann, klärt er noch schnell die Herkunft der weiblichen Vornamen einiger Redakteurinnen. Kaum zu glauben, dass er vor Groupies im Allgemeinen die Flucht ergreift, wie er wenig später berichtet.

MAX Online: Xavier, dein Doppelalbum "Alles für den Herrn/ Zwischenspiel" trennt Songs über den Glauben und Lieder über das weltliche Dasein. Das abwechselnde Tracklisting führt beides wieder zusammen. Gibt es für dich eine Spannung zwischen diesen Welten?
Natürlich. Es gibt zum Beispiel Zeiten, in denen ich mich wochenlang nur um den Glauben kümmere. Früher brachte das auch finanzielle Probleme mit sich. Jetzt könnte es durchaus passieren, dass ich sogar mal ein halbes Jahr weg sein könnte.

Du singst einen wunderschönen Cover-Song von "That's the Way Love Is". In dem Song geht es um Eheschwüre und sich wandelnde Gefühle. Was würde dir so ein Schwur bedeuten?
Für mich wäre das etwas Belastendes. Ich bin seit neun Jahren mit meiner Freundin zusammen und möchte kein Versprechen vor Gott abgeben, dass irgendwann gebrochen wird. Ich zwinge meine Partnerin zu nichts und umgekehrt.

Hast du diesen Freiheitsanspruch auch innerhalb deiner Beziehung?
Ich glaube wir sind seit neun Jahren zusammen, gerade weil wir uns auch mal einige Monate lang gar nicht sehen.

Gibt es da viel Eifersucht?
Ich hasse nichts mehr als Eifersucht. Und ich bin überhaupt nicht eifersüchtig, hab' es allerdings jahrelang gespielt, um früheren Freundinnen gerecht zu werden. Meine erste große Liebe hat mich sofort mit dem stadtbekanntesten Popper betrogen. Aber es war mir egal. Ich hab noch nicht einmal mit ihr darüber gesprochen, was sie total genervt hat.

Als Popstar wirst du ständig angehimmelt. Hat deine Freundin Grund zur Eifersucht?

Auf Tournee sind meine Band und ich wie ein fahrender Zirkus, alles interessiert sich für uns 18 junge Herren. Nichts wäre leichter als ein Abenteuer, und gerade das macht keinen Spaß.

Hast du überhaupt viel Kontakt zu weiblichen Fans?
Ich versuche, es zu vermeiden. Wenn die Hotel-Lobby voller Mädchen oder auch älterer Damen ist, gehe ich möglichst schnell zum Fahrstuhl.

Neben deiner Freundin spielt deine Mutter eine große Rolle für dich. Über sie sprichst du häufiger in Interviews, über deinen Vater kaum. Weshalb?
Er war ein ziemlicher Einzelgänger. Verstanden hab ich meinen Vater erst kurz vor seinem Tod. Ich hab' sein Sterben jahrelang sehr nah miterlebt. Als Gastarbeiter hatte er Schicht gearbeitet, ein Leben lang gebuckelt. Dann starb er gleich am Anfang seiner Pensionierung.

Über ein anderes prägendes Erlebnis hast du mit MAX vor einem Jahr gesprochen: der sexuelle Missbrauch, den du als Kind in Südafrika erfahren hast. Wie haben deine Fans auf diese Offenbarung reagiert?
Einige haben mir übers Internet sehr krasse Erlebnisse geschildert. Mein eigenes Erlebnis hat mich eher stärker gemacht. Ich kann mir heute ein sehr gutes Bild darüber machen, wie etwa ein ermordetes Kind in so eine Situation hineinrutschen konnte und was einen Täter bewegt haben könnte.

Du hattest angekündigt, dich in deiner Heimat Mannheim sozial zu engagieren. Was ist daraus geworden?
Unsere Projekte bieten für das wirtschaftlich strauchelnde Mannheim auch ein Potenzial für Jobs im Musikfeld. Zusammen mit der Stadt versuchen wir, das auszubauen.

Nach dem Drama von Erfurt könnten vielleicht ja auch Schulen deine Unterstützung brauchen.
Im Moment denkt unsere Band eher an ihre eigenen Kinder. Für sie könnten wir mittlerweile einen privaten Kindergarten brauchen. Kinder liebe ich über alles, vielleicht auch, weil meine eigene Mutter immer Tagesmami für andere Kids war.

 

Klingt da ein starker Kinderwunsch an?                                                           

Na ja... ich bin eigentlich selbst noch so sehr Kind und auch glücklich darüber, dass ich tagelang einfach so durch die Gegend reisen kann.

Fühlst du dich trotzdem reif genug, selbst Vater zu werden?
Mit Sicherheit. Aber ich bin ein Kind recht alter Eltern. Mein Vater war so alt wie manche Opas anderer Kinder, deshalb hab ich auch keine Eile mit dem Vaterwerden.

Dein Vater ist indischer Herkunft. Fühlst du diese Wurzeln?
Ich hab' das Indische bisher sehr vernachlässigt. Mein Vater wurde selbst in Südafrika geboren und spürte diese Wurzeln gar nicht. Ich selbst bin mal auf dem Weg nach Sri Lanka in Indien zwischengelandet, das war's aber auch schon.

Interessiert Dich der östliche Glaube?
Seit neun Jahren stehe ich in festem Kontakt mit der Bibel. Mich interessiert keine andere Religion. Ich wuchs ja auch römisch-katholisch auf. Beide Elternteile wuchsen in Südafrika streng gläubig auf: Meine Mutter wurde von Nonnen erzogen, mein Vater lebte in einem ebenfalls von Nonnen geführten Waisenhaus. In puncto Kirchgang wurde von meinen Eltern dann auch ganz schön Druck auf mich ausgeübt. ...was ja nicht unbedingt zum Glaube führt. Deshalb suchte ich auch einen anderen Zugang zu Gott. Ich empfand den Kirchgang vieler Leute oft auch als unehrlich. Außerhalb der Kirche verhielten sie sich vollkommen anders, äußerten sich zum Beispiel total rassistisch.

Gab es ein bestimmtes Ereignis, das dich zu Gott geführt hat?
Am Tag nachdem ich zum ersten Mal die Bibel gelesen hatte, fühlte ich mich, als hätte ich ein Ufo gesehen.

Ich möchte weiterhin mit dem akzeptiert werden, was ich gerade mache. Wenn ich mit den Wiener Philharmonikern etwas extrem Rhythmisches auf die Beine stellen kann, hoffe ich, dass ich auch damit ernst genommen werde. Genauso wie ich mit meiner anderen großen Liebe akzeptiert werden möchte - und die ist HipHop

DANKE Xava!

"Ist es kindisch oder egoistisch, was ich hier tue?"

Fotosession mit Schäferhund? Muss nicht sein, aber über seine Heimat Deutschland wollte Popstar Xavier Naidoo schon ganz gern ein paar Takte loswerden. Ein Gespräch über Autobahnen, kalte Füße und die Sache mit dem Deutschen Fußball

Charlotte: Du hast afrikanisch-indische Wurzeln, bist aber in Deutschland geboren und hier zu einem der erfolgreichsten Popstars geworden. Hat Deutschland für dich ausschließlich Vorzüge?                                     

Xavier: Leider glaube ich, dass meine Antwort ein bisschen lapidar klingt. Aber am meisten ärgert es mich hier, dass die Leute auf der Autobahn nicht das rausholen, was möglich wäre. Was mir da fehlt, ist dieses „Wir gehören zusammen, wir sitzen im gleichen Boot! Und wenn jemand es hinter mir eilig hat, dann fahre ich schnell zur Seite. Dann soll der seinen Termin machen!" Es ärgert mich extrem, dass so viele verbissene, verbohrte, alte Leute so verbittert durch die Gegend fahren.

Charlotte: Okay, aber es gibt doch auch Dinge, die du magst?          

Xavier: Ich habe vor anderthalb Jahren einen Videodreh auf Jamaika gehabt. Ich habe in einer Lodge gelebt, wo es nur ab und zu Strom gab. Alle Insekten des Waldes waren gern ein paar Stunden bei uns in der Hütte. Das ist ganz nett für ein paar Tage, aber dann sehe ich mein fließendes Wasser zu Hause oder meinen geheizten Fußboden. Ich hab mir ein Urlaubsrheuma mit nach Hause gebracht - weil ich nachts sehr viel schwitze und das Bett und die Klamotten nie trocken geworden sind. Ich hatte diese nassen Laken ständig an meinen Füßen ... Und durch die Kälte hier habe ich das Rheuma ewig mit mir herumgetragen.

Charlotte: Das ist etwas sehr Deutsches! Als meine Mutter nach Deutschland kam, haben alle Deutschen davon geredet, dass es hier zieht. Dieses „es zieht", das gibt es in England nicht, nicht mal eine ähnliche Formulierung. Die Deutschen werden sofort krank, wenn ihre Füße kalt sind, und sind viel wehleidiger als andere Nationen.        

Xavier: Naja, auf der anderen Seite habe ich nirgends so viele Leute von Kinderlungenentzündung reden hören, wie in England ... Weil die Häuser da oft feuchte Wände haben.

Charlotte: Stimmt auch wieder. Aber ein Haupteinfluss von dir ist ja englischsprachiger Soul. Gibt es eigentlich auch etwas aus der deutschen Popkultur, was dich extrem beeinflusst hat?                   

Xavier: Ja, Purple Schulz´ „Sehnsucht", das fand ich hammer! Oder Rio Reiser „König von Deutschland". Auch Reinhard Mey und diese Geschichten, die der erzählt hat. Ich bin auch einfach auf die deutsche Sprache angesprungen. Als ich noch nicht schreiben konnte, habe ich Kassetten besprochen. Mich hat es gereizt, etwas mit der Sprache, die ich spreche, zu machen. Oder Grönemeyer, der angefangen hat, so abgehackt zu sprechen. Meine Mutter konnte damit gar nichts anfangen, aber ich habe gedacht: „Geil, der geht über alle!"

Charlotte: Jetzt hast du ganz viele erfolgreiche Deutsche genannt. Es gibt ja dieses Klischee, dass gerade die Deutschen nicht mit ihren Stars umgehen können: Wenn jemand erfolgreich wird, gibt’s diese Neidkultur, die den Star wieder am Boden sehen will. Hast du damit auch schon Erfahrungen gemacht?                                                                                

Xavier: Aber klar. Ich bin zwar kein Amerikafreund, aber auch kein -feind, und dort gibt es ein wunderschönes Bild: ein amerikanischer Arbeiter fährt an einer Luxusvilla vorbei und denkt sich: „Geil, die habe ich auch irgendwann mal!" In Deutschland wiederum fährt ein deutscher Arbeiter an einer Luxusvilla vorbei und denkt: „Du Wichser, du. Ich hau dich aus der scheiß Villa raus und dann zieh ich da ein!"

„ICH LEBE HIER BESSER ALS ÜBERALL SONST"

Charlotte: Dieser Neid - wird der eher vom sogenannten kleinen Mann repräsentiert, oder sind das eher die Journalisten, die einen professionell kaputtschreiben wollen?                                                      

Xavier: Ich glaube, das hat etwas damit zu tun, dass der Deutsche denkt: „das Leben ist ernst, ich arbeite hart für meine Sachen - arbeitet der genau so schwer? Ich arbeite mich krumm und buckelig, und die schnelle Mark, die der da macht, das ist nicht rechtens!" Aber das Hinterfragen, das hat jeder. Wenn ich einen jungen Marokkaner aus einem dicken Benz aussteigen sehe, dann denke ich nicht sofort, das ist ein Diplomatensohn, sondern ich frage mich, wo der die Kohle herhat. In der gleichen Sekunde weiß ich aber auch, dass viele Leute das bei mir auch denken.

Charlotte: Das ist aber, glaube ich, der Unterschied zwischen Amerika und Deutschland oder England und Deutschland. Amerikaner wissen, dass das Showbiz hart ist. In Deutschland denkt man, diese Menschen liegen nur am Pool und machen mit Frauen rum. So verkauft man aber keine Platten.                                                                                                      

Xavier: Das ist aber auch harte Arbeit ...

Charlotte: Je nachdem, wie viele Frauen, wie viele Pools, natürlich!

Xavier: Ich glaube, dass dieses Star-Ding in Amerika und England viel kultivierter ist als hier. In Deutschland fing das meiner Meinung erst an, als Models und DJs zu Stars wurden. Da gab es dann auch in Deutschland Soaps, Teenies hatten diese ganzen Möglichkeiten auszuwählen. Als ich jünger war, war das alles noch viel fremder und begrenzter.

Charlotte: Blinde Starverehrung war ja nie deine Tasse Tee: Du gibst keine Autogramme, du nimmst keine Preise an. Glaubst du denn, man kann so eine Verweigerungshaltung durchziehen oder in einem Geschäft, in dem es um Starverehrung geht?                                                               

Xavier: Es ist nicht so, dass ich mir keine Gedanken mache. Ich überlege schon, ob das kindisch oder egoistisch ist, was ich hier tue - nur weil ich keinen Bock habe, auf einem Bild mit einem Preis in der Hand dazustehen.

Charlotte: Das wirkt ja auch arrogant                                                     

Xavier: Natürlich, das war mir auch klar. Vor drei Jahren habe ich angefangen, keine Autogramme mehr zu geben: „Ohne uns wärst du gar nicht hier!" - das war der Satz, den ich zu hören kriegte. Inzwischen weiß ich, dass die Leute es schätzen, wenn ich mir die Zeit nehme zu erklären, warum ich keine Autogramme mehr geben will. Und jch weiß auch, dass dieser Autogrammwunsch ein Reflex ist. Die wollen einem zeigen, dass sie einen erkannt haben. Das kann man aber auch, ohne nach einem Autogramm zu fragen.

Charlotte: Das ist aber doch der Beweis, dass man die Person wirklich getroffen hat ...                                                                                             

Xavier: Die Künstlerquittung. Bei mir ist das jetzt so, dass ich den Leuten sage: „Wenn ich euch ein Autogramm gebe, glaubt es euch doch keiner, weil alle wissen, dass ich keine Autogramme gebe." Ich möchte nicht der klischeehafte Popstar sein. Ich will machen, was ich für richtig halte.

Charlotte: Deutschland rückt immer mehr nach rechts - Ebenso wie der Rest Europas. Egal, ob Italien, Frankreich, die Niederlande ...             

Xavier: Und manche, von denen man das gar nicht so weiß, wie Belgien. Da passiert das eher unterschwellig. Oder Spanien - die haben alle diese Tendenz.

Charlotte: Kannst du dir die Gründe dafür erklären?                            

Xavier: Man kann das relativ leicht erklären: In Deutschland, Dänemark, Italien werden die Leute immer mit gleichen Bildern auf die Palme gebracht. Die sehen Schiffe, vollgeladen mit dunkelhäutigen Menschen, die einen Steg entlangmarschieren, mit Sack und Pack. Also denken die: „Hilfe, die kommen in unser Land, das kostet uns wieder tausende Euros!"

Charlotte: Die nehmen uns die Steine von unserem Haus weg!        

Xavier: Ja, und klauen natürlich die Tochter. Das ist auf jeden Fall die Angst Nummer eins in Deutschland. In Deutschland ist Sicherheit ja das Größte. Die Leute denken: „Früher ist nicht eingebrochen worden, und jetzt ist es sogar in dem Dorf, wo ich herkomme, schon mehrmals passiert."

Charlotte: Du hast direkte finanzielle Gründe genannt - dass Menschen ihren Besitz bedroht sehen. Es geht deiner Meinung nach nicht um diese faschistische Panik davor, dass die Kulturen sich vermischen könnten?

Xavier: Auf jeden Fall geht es um Geld. Es kann nicht um die Sprache gehen, sonst hätten die sich schon viel früher aufgeregt, als Amerika uns mit seiner Musik überschwemmt hat.

Charlotte: Na ja, darüber hat man sich damals ja aufgeregt. Beängstigt dich die Vorstellung, dass Stoiber Kanzler werden könnte?               

Xavier: Ich muss sagen, dass ich von keinem Kandidaten überzeugt bin. Ich weiß nicht, wer das kleinere Übel ist. Ich habe mich auch an den letzten Wahlen nicht beteiligt: Ich habe Schröder nicht an die Macht gebracht - habe aber auch nichts dagegen unternommen, muss man ja auch sagen. Ich habe die Möglichkeit, meine Meinung über meine Musik zu sagen und meine Stimme so abzugeben. Ich habe mir abgewöhnt, Leute an die Macht zu bringen, denen ich nicht traue. Das geht nicht. In meinem kleinen Kosmos, der Mannheim heißt, tue ich alles, was ich kann, auch politisch und wirtschaftlich. Ich verfolge zwar alles, was auf Bundesebene los ist, bin auch sehr informiert, was jetzt zum Beispiel die FDP angeht. Ich traue keinem von diesen Männern und Frauen zu, diesen Spagat zu schaffen zwischen Wirtschaft und Volk. Die einzige Möglichkeit für Deutschland und den ganzen Rest von Europa: zusammenzurücken!

Charlotte: Das ist reichlich zynisch, wenn wir hier sitzen und sagen, es ist unmöglich, seine Ideale durchzuziehen, sobald man an die Macht kommt. Aber im Prinzip braucht man so selbstlose Jesustypen in der Politik, denen ihre eigene Karriere egal ist.                                            

Xavier: Oder man muss Leute in die Politik schicken, die Millionäre sind, denen Karriere und Geld egal sind.

Charlotte: Die sind aber auch etwas suspekt ...                                      

Xavier: Stimmt, siehe zum Beispiel Berlusconi. Ich habe keine Lösung. Ich bin eher der Meinung, man sollte jedes Jahr den besten Deutschen wählen, anstatt das Aushängegesicht irgendeiner Partei.

Charlotte: Braucht Deutschland eine stärkere Nationalidentität? Glaubst du überhaupt, dass es wichtig ist, ein Nationalgefühl zu haben?             

Xavier: Ich glaube, dass es sehr wenig Menschen in Deutschland gibt, die das beantworten können. Denn sobald einer einen Opa hat, der im Krieg gekämpft hat, wird es schon sehr schwierig. Ich verstehe ja die Leute, die sich aufregen, wenn hier jemand im Garten eine Deutschlandflagge hochzieht. Aber ehrlich: Das ist keine Sache, für die es sich einzusetzen lohnt. Ich verstehe aber auch nicht, wenn Leute über Deutschland schimpfen. Mein Vater konnte das gut.

Charlotte: Das stimmt, wenn wir beide nichts anderes machten, als über Deutschland zu schimpfen, würden vermutlich sehr viele Deutsche zu Recht sagen: „Dann verpisst euch doch und versucht es woanders."

"BEIM FUßBALL WÄRE KEIN MENSCH FÜR DEUTSCHLAND"

Xavier: Ich schimpfe auch sehr selten über Deutschland. Ich finde, ich lebe hier besser als überall sonst. Ich sage auch, wenn ich im Ausland bin, wie geil Deutschland ist. Ich würde nicht sagen, dass ich stolz bin, aber ich freue mich, hier zu leben. Ich habe in Amerika keine Woche erlebt, in der nicht riesige Dokumentationen über den zweiten Weltkrieg gelaufen sind. Das machen die Amis auch sehr gut. Es wird auf alle historischen, schwarzen Flecken verwiesen, außer auf die eigenen. Es wird ständig dafür gesorgt, dass die Deutschen als Nazis dargestellt werden. Mag ja in Filmen okay sein. Wenn es aber so weit kommt, dass schwarze Amerikaner, die hören, dass ich aus Deutschland komme, mich fragen, ob Schwarze da überhaupt leben können, dann finde ich das hart. Die wissen überhaupt nichts.

Charlotte: Wir haben gerade von Nationalgefühl gesprochen. Die einzige Form von nationaler Identifikation, die hier zu Lande als okay gilt, ist die, die man im Fußballstadion auslebt. Interessierst du dich für Fußball?

Xavier: Überhaupt nicht. Aber für ein Land, dass am Boden liegt, oder eine Schicht, der es dreckig geht, ist es großartig, wenn ein Pokal geholt wird - ein paar Wochen Freude!

Charlotte: Da gibt es dann auch wieder den Unterschied, ob man mit Idealen Fußball spielt, weil man für sein armes Land spielt. Oder nur für Kohle, was man den Deutschen ja bei der letzten WM unterstellt hat. Alle deutschen Fußballfans waren sehr geschockt, als die auch noch nach einer Niederlage gefeiert haben. Ist ja klar, dass das abgezockte Millionäre sind.                                                                                             

Xavier: Da will ich mich nicht so weit aus dem Fenster lehnen ...

Charlotte: Du musst aber zugeben, dass die argentinische Mannschaft ganz andere Motivationen hat als die deutsche. Die Argentinier müssen bei der wirtschaftlichen Lage ihres Landes für ihr Volk gewinnen. Und das kann man von den Deutschen nicht behaupten.                                  

Xavier: Och, wer weiß. Wirtschaftlich sind wir so weit von Argentinien nicht entfernt. Bei der nächsten WM in Deutschland sind wir dann vielleicht noch näher dran ...

Charlotte: Glaubst du, dann ist die ganze Welt für die deutsche Mannschaft, damit die für das arme deutsche Volk gewinnen?            

Xavier: Das ist ja das Krasse: Trotzdem wäre niemand auf der ganzen Welt für Deutschland.

                                                     


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